Begeben Sie sich mit mir zusammen auf eine Abenteuerreise: Die Reise, die eigene Gesundheit selbst in die Hände zu nehmen und eigenverantwortlich zu verbessern und zu erhalten. Auch mit der Pflanzenheilkunde ist uns dazu eine wunderbare Möglichkeit gegeben.
Seit den frühesten Zivilisationen auf allen Kontinenten baute man Pflanzen nicht nur zu Ernährungszwecken an. Menschen waren stets auch auf der Suche nach ihren heilenden Kräften. Über Jahrtausende wurden so Kenntnisse gewonnen, vertieft und ständig erweitert.
Die natürlichen Heilkräfte der Pflanzen waren also „schon immer“ eine Grundlage für unsere Gesundheit. So sagte bereits Hippokrates vor 2400 Jahren: „Die Natur heilt, nicht der Arzt.“
In den Händen von Profis ist gegen viele Krankheiten ein Kraut gewachsen. Das Schönste ist: Leichte Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen können wir mit dem entsprechenden Wissen sogar selbst behandeln.
Die moderne Pflanzenmedizin Europas wurde ursprünglich stark aus der Klostermedizin gespeist. Hierbei hat sich die Hildegard-Medizin der heiligen Ordensfrau Hildegard von Bingen (1098-1179) bis heute als eigenes Medizinsystem erhalten. Zwei andere in der Welt weit verbreitete Medizinsysteme, die intensiv auf Pflanzenmedizin setzen, sind die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und der Ayurveda.
Die moderne Pflanzenmedizin hat viele der wirksamen Inhaltsstoffe der bekannten Heilpflanzen identifiziert, ihre Wirkungsweisen in zahlreichen Studien experimentell bestätigt und funktional erklärt.
Gleichzeitig findet man auch noch nicht vollständig verstandene, positive Wirkungen von Pflanzen auf unseren Organismus. Diese beruhen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Synergien der verschieden Inhaltstoffe einer Pflanze oder auch auf Synergien der Wirkweisen von Kombinationen verschiedener Pflanzen miteinander. Auf diesen Synergien baut besonders die Systematik der TCM auf.
Was haben nun die oben genannten Medizinsysteme gemeinsam und was unterscheidet sie? Wie können und wollen sie uns mit Pflanzenkraft helfen?
Das möchte ich gemeinsam mit Ihnen lernen. Lassen Sie uns das zuerst einmal direkt in der Praxis anhand einer Beispielpflanze anschauen: Wie wird eine Pflanze in den unterschiedlichen Systemen gesehen? Meine Idee ist, dass das interessanter ist, als sich sofort tief in die Theorie hinein zu stürzen.
Welche Heilpflanze schauen wir uns an?
Wenn die Tage kürzer werden, die Wiesen und Wegesränder noch immer blühen, begegnet uns dort eine der ältesten Heilpflanzen Europas: die Schafgarbe (Achillea millefolium). Ihre gefiederten Blätter und die weißen Blütendolden machen sie unverwechselbar – und sie wird seit Jahrtausenden in unterschiedlichen Medizinsystemen geschätzt. Gerade jetzt im Frühherbst ist sie noch frisch zu finden und eine ideale Begleiterin für Hausapotheke und Teetasse. Freuen Sie sich auf ein paar frische Ideen am Ende des Artikels ;-)
Steckbrief der Schafgarbe:

1. Europäische Phytotherapie
In der modernen Kräuterheilkunde ist Schafgarbe ein klassisches Frauen- und Verdauungskraut. Ihre Bitterstoffe regen Leber, Galle und Magen an, lindern Völlegefühl und Blähungen. Besonders beliebt ist sie bei Menstruationskrämpfen, da sie krampflösend wirkt.
2. Hildegardmedizin
Hildegard von Bingen sah in der Schafgarbe eine Pflanze mit ordnender und reinigender Kraft. Sie empfahl sie zur „Blutreinigung“ und bei Frauenleiden. Auch äußerlich – als Auflage oder Umschlag – nutzte man sie zur Wundheilung.
3. Ayurveda
Im Ayurveda wird die Schafgarbe als „Gandraini“ beschrieben. Mit ihrem bitter-scharfen Geschmack wirkt sie Pitta- und Kapha-reduzierend. Sie unterstützt die Verdauung, Leberfunktion und Hautgesundheit und wird bei Appetitlosigkeit, Fieber und Hautproblemen eingesetzt.
4. Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
In der TCM ist die Schafgarbe als „Peng hao“ bekannt. Sie wird dem Leber- und Milz-Meridian zugeordnet, wirkt leicht kühlend und bitter. Sie bewegt Qi und Blut, lindert Schmerzen und reguliert die Menstruation.
Wir sehen, dass die Schafgarbe in allen vier Systemen geschätzt wird und so eine Brücke zwischen den Medizinsystemen schlägt. Selbst wenn in den einzelnen Bereichen die Anwendungsschwerpunkte etwas unterschiedlich gelegt sind, sind die Gemeinsamkeiten für die konkrete Anwendung doch frappierend.
Machen Sie einen Spaziergang über die Felder und Wiesen! Halten Sie Ihre Augen offen und begegnen Sie dieser heilkräftigen Pflanze überall, außer auf zu feuchten Flächen! Sie ist leicht zu erkennen und lässt sich einfach sammeln, trocknen und anwenden.
Haben Sie Lust bekommen, selber zu experimentieren? Dann empfehle ich Ihnen die folgenden einfachen Anwendungen für zu Hause:
⚠️ Hinweis: Diese Anwendungen sind für die Hausapotheke gedacht und ersetzen nicht den Besuch bei Arzt oder Heilpraktiker.
Verdauungstee
1 TL getrocknete Schafgarbenblüten mit 150 ml heißem Wasser übergießen,
5–10 Minuten ziehen lassen.
Hilft bei Völlegefühl, Blähungen und Appetitlosigkeit.
Frauenkräuter-Mischung
Schafgarbe, Kamille und Melisse zu gleichen Teilen mischen;
2 TL auf 250 ml heißes Wasser und 5 Minuten ziehen lassen;
Wirkt harmonisierend und entspannend während der Menstruation;
Fußbad für Leichtigkeit:
Eine Handvoll frische oder getrocknete Schafgarbe in 1 Liter kochendes Wasser geben,
10 Minuten ziehen lassen und ins Fußbad geben.
Wohltuend bei müden, schweren Beinen;
Wenn Sie nicht selbst sammeln möchten, erhalten Sie die getrocknete Pflanze (so wie auch Melisse und Kamille) in Reformhäusern und Apotheken.
Sie haben gesehen: Die Schafgarbe ist eine echte Allrounderin, die in allen großen Heiltraditionen einen festen Platz hat – sei es als Verdauungskraut, Frauenpflanze oder Blutregulatorin.
Gerade im Frühherbst ist die Schafgarbe eine wunderbare Erinnerung daran, wie nah die Naturmedizin vor unserer Haustür liegt – und wie vielfältig eine einzige Pflanze eingesetzt werden kann.
Mit der Kraft der Pflanzen können Sie Ihre Gesundheit, Ihre Lebenskraft und Ihr Lebensglück bis ins hohe Alter unterstützen. Viel Freude beim Experimentieren!
Bleiben Sie neugierig!
Herzlichst
Ihre Kerstin Schüler
Wenn Sie mehr zur praktischen Anwendung erfahren wollen, hier meine beiden Lieblingsbücher zur traditionellen Pflanzenheilkunde in unseren Breiten:
- Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, Das Beste-Verlag Stuttgart 1978, ISBN 3716600180;
- Die Kräuter in meinem Garten, Siegrid Hirsch und Felix Grünberger, Freya-Verlag, 24. Auflage 2021, ISBN 978-3-902134-79-0;